Basketball 1. Bundesliga 2016/2017 Hauptrunde 5. Spieltag 15.10.2016 Walter Tigers Tuebingen – s. Oliver Wuerzburg Co Trainer Aleksandar Nadjfeji (Tigers) FOTO: Pressefoto ULMER/Fabian Laemmle xxNOxMODELxRELEASExx

Aleksandar Nadjfeji im ersten Interview als Cheftrainer!

05 Mai 2018

Aleksandar Nadjfeji ist neuer Cheftrainer der WALTER Tigers Tübingen. Im ersten Interview als Head Coach erklärt der 41-Jährige, warum ihm dieses Engagement besonders viel bedeutet und weshalb die abgelaufene Abstiegssaison keine Auswirkungen auf die kommende Spielzeit haben wird. Außerdem begründet die BBL-Legende, warum der Point Guard und der Center im System des gebürtigen Belgraders eine besondere Rolle spielen.

Sasa, am Donnerstag wurdest du offiziell der Öffentlichkeit als neuer Head Coach der Tigers vorgestellt. Wie fühlt sich das an?

Sehr gut! Dass ich hier in Tübingen den ersten großen Schritt in meiner Trainerlaufbahn gehen darf, macht mich sehr glücklich. Tübingen ist für mich in den letzten Jahren zur Heimat geworden, ich habe hier viele Freunde, meine Kinder gehen hier auf die Schule und wir fühlen uns alle sehr wohl. Ich habe mit den Tigers sportlich gute und schlechte Zeiten erlebt. Zuletzt war es leider nicht gut, der Abstieg tut weh, aber ich möchte jetzt meinen Teil dazu beitragen, dass wir wieder erfolgreich sind. Dass mir das Management das Vertrauen dafür gibt, macht mich stolz. Ich werde alles geben, damit ich dieses Vertrauen zurückgeben kann.

Dennoch müssen die Batterien nach einer solchen Saison auch bei dir leer sein?

Auch ich brauche Erholung, um die Akkus wieder aufzuladen. Das braucht jeder. Doch jetzt ist es wichtig, dass wir die deutschen Spieler für die kommende Saison verpflichten. Wenn ich da meine Aufgabe gut mache, werde ich auch etwas Urlaub machen und versuchen, abzuschalten und neue Energie zu tanken – wobei das Telefon nie stillstehen wird. Würde ich das aber nicht akzeptieren, wäre es die falsche Aufgabe für mich. Als Head Coach bist du immer am Arbeiten, auch im Urlaub.

Du hast es bereits angesprochen – du hast gute, aber zuletzt, auch als Assistenztrainer, schlechte Zeiten miterlebt. Wie sehr sind die letzten Jahre eine Belastung für dich?

Gar nicht. Natürlich war das eine schwere Zeit, vor allem die letzte Saison mit dem Abstieg. Aber ich bin so fest davon überzeugt, dass wir wieder Erfolge feiern werden, dass diese negativen Erinnerungen nicht vorhanden sind. Vor allem aber haben die Fans gezeigt, dass sie hinter uns stehen – und das in einer Phase, in der es wirklich nicht einfach war. Diese Unterstützung hat mich sehr glücklich gemacht. Das hat nicht nur mir, sondern allen im Team geholfen, diese Zeit mit Fassung zu tragen. Zudem war ich lange genug Profi, um solche Dinge nicht mit in die Zukunft zu nehmen – man lernt auch sehr viel aus solchen Situationen. Es motiviert mich, es besser zu machen. Und daran arbeiten wir alle mit viel Energie.

Manche sehen es auch als Risiko, da du einerseits keine Erfahrung als Trainer besitzt und andererseits in den extrem schwachen Jahren – die Tigers holten aus den letzten 68 Bundesligapartien nur acht Siege – als Assistent fungierst hast.

Natürlich kann ich noch keine Erfahrung als Cheftrainer haben. Aber jeder Trainer muss irgendwann beginnen. Ich fühle mich dazu bereit, sonst würde ich es nicht machen. Denn wer mich kennt, weiß, dass ich die höchsten Ansprüche an mich selbst habe. Die Erfahrungen, die ich während meiner Laufbahn als Spieler gesammelt habe, werden mir zudem helfen. Ich habe für Topmannschaften mit hervorragenden Trainern gespielt und von diesen viele wichtige Dinge gelernt.

Die Rolle eines Assistenztrainers darf man nicht überbewerten. Ich war hauptsächlich für die organisatorischen Dinge verantwortlich. Das heißt Vorbereitung von Videosequenzen der Gegner oder Übungen im Training. Bei taktischen Dingen entschieden die Cheftrainer, das gehörte nicht zu meinen Aufgaben. Deshalb freue ich mich jetzt auch, meinen eigenen Stil spielen zu lassen.

Wie sieht dein Stil aus?

Ich möchte einen schnellen, aber kontrollierten Basketball spielen lassen. Kein Run and Gun! Das geht aber nur mit starker Verteidigung. Diese ist der Anfang von allem. Gut verteidigen, Rebounds holen und dann schnell in die Transition umschalten. Der Ball muss dann unter den Korb, wo die großen Spieler in der Zone produzieren. Andererseits darf man aber auch nicht überdrehen und muss wissen, wann man das Spiel langsamer macht. Deshalb sind für mich die wichtigsten Positionen der Aufbauspieler und Center.

In der ProA sind die deutschen Spieler von großer Bedeutung. Es müssen immer zwei Deutsche auf dem Parkett stehen. Was bedeutet das für die Kaderzusammenstellung?

Deutsche Spieler sind elementar für den Erfolg. Deshalb werden wir zunächst die deutschen Positionen besetzen. Wir planen derzeit mit vier deutschen und fünf ausländischen Akteuren. Diese vier deutschen Spieler müssen Qualität haben und konstant Leistung bringen. Die deutschen Spieler bilden also die Grundlage. Für die Ausländer-Positionen werde ich nicht nur den amerikanischen Markt beachten und meine guten Kontakte nutzen. Bei meiner Vorstellung zu spielen, beginnt alles mit der Verteidigung. Ich suche deshalb nach Spielern, die stark verteidigen können, aber dann schnell in die Transition umschalten. Offensiv brauchen wir wieder einen klaren Go-to-Guy.

Um eine erfolgreiche Saison zu spielen, müssen aber auch andere Faktoren stimmen.

Ja! Wir haben es diese Saison nie geschafft, auf dem Parkett eine Einheit zu bilden. Die Spieler haben sich außerhalb des Spielfelds zwar gut verstanden, doch eine wirkliche Teamchemie auf dem Parkett war nicht vorhanden. Hier müssen wir darauf achten, dass wir Spieler verpflichten, die auf und neben dem Parkett harmonieren. Wir brauchen zudem Kämpfer im Team, Spieler, die dazu bereit sind, immer alles zu geben. Dies erwarte ich von mir selbst und meiner zukünftigen Mannschaft.

Viele Fans haben die Hoffnung, dass die Tigers den sofortigen Wiederaufstieg feiern. Übt diese Erwartungshaltung Druck auf dich aus?

Nein. Ich denke, das ist das Ziel von uns allen. Aber versprechen kann das niemand. Die ProA ist eine starke Liga und nicht mehr mit der Liga zu vergleichen, die sie vor fünf oder zehn Jahren einmal war. Als ich 2011 mit Bayern aufgestiegen bin, gab es noch keine Playoffs, da war alles nach der Hauptrunde entschieden. Ein Jahr später kamen dann die Playoffs und das macht es für alle deutlich schwieriger. Man kann sich auch als Tabellenführer nicht mehr sicher sein, dass man wieder in der BBL spielt. Wir wollen natürlich um den Aufstieg spielen und wenn alles klappt, auch aufsteigen. Wenn wir aber guten Basketball spielen, immer kämpfen und dann dieses Ziel knapp verpassen, wird uns das nicht umbringen. Crailsheim hat ja gezeigt, dass man es auch im zweiten Anlauf schaffen kann und ein verpasster Aufstieg kein Weltuntergang ist.

von Tobias Fischer