Die Nadjfeji-Story – Teil 3: Am Ziel der Träume!
Aleksandar Nadjfeji gehört zu den lebenden Legenden der Basketball-Bundesliga! 457 Spiele, 5256 Punkte, 1866 Rebounds, 853 Assists, 284 Steals und 110 Blocks sammelte Nadjfeji bis zum Ende seiner beeindruckenden Karriere im Jahr 2016. Hinzu kommen 1219 Fouls und 873 Ballverluste – ein Rekord, den „Sasa“ mit Humor nimmt. Im dritten Teil der Nadjfeji-Story blicken wir auf den ersten Abschnitt der sportlich erfolgreichsten Jahre des Tübinger Cheftrainers. In Köln feierte Sasa Titel, spielte in der EuroLeague und avancierte endgültig zu einem der besten Forwards der Liga. (Die Nadjfeji-Story: Teil 1, Teil 2)
Vier Jahre war Sasa Nadjfeji bei den Telekom Baskets Bonn Sympathie- und Leistungsträger. Bei seiner ersten Profistation außerhalb des ehemaligen Jugoslawiens lief eigentlich alles perfekt. Drei Mal ALLSTAR, Halbfinale in den Playoffs und Finale im Pokal. Doch das Wichtigste fehlte: Ein Titel! Deshalb wechselte Nadjfeji im Sommer 2005, auch wegen seiner Kinder, nur knapp 30 Kilometer Rhein aufwärts nach Köln – ausgerechnet zum Derby-Rivalen. „Ich hatte damals ein finanziell deutlich besseres Angebot aus Bamberg. Doch für meine Kinder wäre das eine sehr große Umstellung gewesen. Sie kamen gut im Schulsystem von Nordrhein-Westfalen zurecht. Da wollten wir sie nicht rausreißen.“ Nadjfeji trifft seine Entscheidungen nie alleine und niemals nur auf sich selbst bezogen. „Wichtig ist, dass es meiner Familie gut geht!“ Wie sich bereits bald herausstellt, sollte der Wechsel nach Köln aber auch sportlich die richtige Entscheidung sein.
Wie im Märchen
In Köln trat gerade Sasa Obradovic seinen ersten Posten als Cheftrainer an. Wenige Monate zuvor standen sich Obradovic und Nadjfeji noch im Pokalfinale auf dem Parkett gegenüber – mit dem glücklicheren Ende für den Kölner. Jetzt ist Nadjfeji der erste Spieler, den Obradovic als Trainer verpflichtet: „Die beste Entscheidung, die ich treffen konnte“, erklärt Obradovic einige Jahre später. Der Head Coach nennt Nadjfeji, der in Bonn stets „Sasa“ gerufen wurde, fortan „Pista“. „Den Spitznamen hat mir mal ein Trainer in Jugoslawien (heute Sebien, Anm. d. Red.) gegeben – ich weiß aber auch nicht genau, was er bedeutet. Aber in Serbien hat sich das seither durchgesetzt. Ich mag aber sowohl Sasa als auch Pista – nur Aleksandar mag ich eigentlich nicht so, denn so nennt mich meine Frau, wenn sie sauer auf mich ist.“ Obradovic ist in seiner Heimat eine Legende und Vorbild, Weltmeister, dreifacher Europameister, Korac-Cup-Sieger mit Berlin, die Liste kann unendlich weitergeführt werden. Vor allem aber ist Obradovic ein anspruchsvoller Trainer, auch schon in jungen Jahren. „Er hatte seine klare Vorstellung, wie es zu laufen hat. Wenn man das nicht gemacht hat oder den gleichen Fehler immer wiederholt hat, konnte er schonmal aus der Haut fahren“. Nadjfeji hat das nicht gestört, ihn hat es auch nie getroffen, denn der Serbe war in dieser Hinsicht vorbildlich. „Der Trainer Obradovic unterscheidet sich aber komplett vom Menschen Obradovic. Als Trainer ist er ein Vulkan, verlangt Disziplin und Perfektion. Als Mensch ist er sehr einfühlsam, ist für seine Spieler da, hat immer ein offenes Ohr!“
Obradovic hebt den Spieler Aleksandar Nadjfeji auf ein neues Level – vor allem, was der Umgang mit dem eigenen Körper angeht. „Er hat mir gesagt, dass mein Körper mein wichtigstes Kapital ist und ich ihn gut behandeln muss. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich bis 39 in der BBL spielen konnte.“ In Köln trifft Nadjfeji auch auf Immanuel McElroy. „Mit Immanuel zusammenzuspielen, war unglaublich. Wir haben uns auf dem Spielfeld blind verstanden, wir wussten immer, was der andere vorhat. Das habe ich während meiner ganzen Karriere nicht noch einmal erlebt. Auch menschlich haben wir uns super verstanden und sind bis heute Freunde geblieben!“ Sportlich läuft es in Köln blendend! Gleich im ersten Jahr gelingt die Meisterschaft, Nadjfeji fühlt sich „wie im Märchen“.
Nach fünf Jahren in der ersten Bundesliga kann Nadjfeji endlich seinen so ersehnten Pokal in die Höhe strecken. Die Gefühle in diesem Moment sind kaum zu beschreiben. Doch wer Nadjfeji am Abend des 6. Juni 2006 begegnet, weiß sofort, was der Titel für den Forward bedeutet. Nur noch in Unterhemd und Shorts bekleidet, die Dienstkleidung war längst bei den Fans gelandet, das Netz des Korbes über den Kopf gestülpt, wandert Nadjfeji zusammen mit Ehefrau Marija und den drei Kindern über das sektnasse Parkett der Köln-Arena. Immer wieder fallen ihm Freunde und Bekannte, auch aus Bonner Zeiten, um den Hals. „Das ist der glücklichste Tag meines Lebens“, gibt Sasa strahlend vor Freude zu Protokoll, wohl wissend, dass die Geburt seiner Kinder nichts im Leben übertreffen wird. Doch jetzt war Sasa endlich angekommen, nicht nur ein Titel war gewonnen, nein, Köln konnte für die EuroLeague planen, das Beste, was Europa zu bieten hat!
Der tiefe Fall der Köln 99ers
In der EuroLeague zu spielen, war für Nadjfeji die Erfüllung des nächsten großen Traums! „Jeder Spieler will auf dem höchsten Level spielen. In Europa ist das die EuroLeague, für mich war es immer ein Ziel, mich auf diesem Niveau zu beweisen.“ Für einen im Team war das jedoch nicht genug. „Marcin Gortat hatte sich immer das Ziel NBA gesteckt. Ihm ging es dabei nicht um das Geld, er wollte sich mit den Besten der Welt messen! Er hat dafür alles getan und uns dadurch auch alle mitgezogen. Sein Ehrgeiz war unglaublich.“ Gortat schaffte 2007 den Sprung in die beste Liga der Welt und gehört zu den defensivstärksten Centern der Liga. Für Nadjfeji keine Überraschung. Ein Jahr später konnte Nadjfeji erneut jubeln. Nicht über die Meisterschaft, aber jetzt streckten die Kölner den Pokal in die Luft. In Deutschland hat Nadjfeji jetzt alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.
Die Nadjfejis fühlen sich in Köln wohl. Auch deshalb entscheiden sie sich für einen Verbleib in der Rhein-Metropole bis mindestens zum Ende der Saison 2007/2008. Nach einer persönlich durchwachsenen Vorsaison nimmt Nadjfeji dabei auch eine kleinere Rolle in Kauf. Dies ändert sich jedoch schnell! Nadjfeji, mittlerweile 31, blüht richtig auf und avanciert erneut zum Leistungsträger. Doch dann der Schock, der ganz Köln trifft. Die 99ers stehen vor dem finanziellen Aus. Um die Saison beenden zu können, müssen Spieler und Mitarbeiter gehen. „Das war brutal. Nicht wegen mir, sondern wegen der Menschen in der Geschäftsstelle. Natürlich war es auch für uns Spieler schwer, weil wir nicht wussten, wie es weitergeht. Aber wir konnten uns sicher sein, dass wir allerspätestens im kommenden Sommer einen neuen Verein finden werden. Die Mitarbeiter hatten diese Sicherheit nicht.“ Nadjfeji sucht nach Alternativen, findet diese in Berlin. Anfang Februar 2008 wechselt Najdfeji zu den Albatrossen in die Hauptstadt, McElroy geht auch nach Berlin, das Duo bleibt zusammen, die Familie muss aber erstmal zurückbleiben.