BEKO Basketball 1. Bundesliga 2014/2015 19. Spieltag Walter Tigers Tuebingen – MHP RIESEN Ludwigsburg 24.01.2015 JUBEL Tigers; Anatoly Kashirov (re) klatscht Tigers Fans ab FOTO: Pressefoto ULMER/Markus Ulmer xxNOxMODELxRELEASExx

Die Nadjfeji-Story – Teil 1: Der Beginn einer großen Karriere

28 Mai 2018

Herausragende Spieler sind in der Basketball Bundesliga wahrlich keine Seltenheit. Doch herausragende Spieler, von denen man sagt, sie haben die Liga über Jahre hinweg geprägt, sind da schon eher die Seltenheit. Rickey Paulding, Julius Jenkins, Immanuel McElroy oder Derrick Allen werden nach dem Ende ihrer Karriere sicher zu dieser Kategorie von Spielern zählen. Chris Ensminger, Pascal Roller oder der ehemalige Tigers Head Coach Tyron McCoy tun das bereits. Und auch Aleksandar Nadjfeji! Der neue Cheftrainer der Tigers absolvierte 457 Spiele in der ersten Basketball Bundesliga und sammelte bis zum Ende seiner beeindruckenden Karriere im Jahr 2016 insgesamt 5256 Punkte, 1866 Rebounds, 853 Assists, 284 Steals und 110 Blocks. Hinzu kommen jeweils zwei Meistertitel und Pokalsiege mit Köln und Berlin, aber auch 1219 Fouls und 873 Ballverluste – ein Rekord, den „Sasa“ mit Humor nimmt.

Doch es sind nicht die Zahlen, die Nadjfeji so besonders machen. Kein Spieler vor ihm und auch keiner danach spielte mit solch einer Finesse wie der 2,02 Meter große Forward. Bekam Nadjfeji den Ball unter den Körben in die Hände, entstand meist etwas Gutes und vor allem Schönes! Keine krachenden Dunks, nein, das war nicht das Spiel des „Sasa“ Nadjfeji, obwohl er es auch scheppern lassen konnte. Der mittlerweile 41-Jährige tanzte vielmehr seine Gegner aus. Eine Körpertäuschung hier, ein Pump-Fake da, nochmal eine Bewegung, mit der keiner gerechnet hat, und ehe sich der Gegner wieder orientieren konnte, war der Ball schon im Korb. Wohl kaum ein Spieler in der BBL hatte seine Bewegungen so unter Kontrolle wie Nadjfeji – und kein anderer Spieler brachte seine Gegner so zur Verzweiflung. Fast noch schwieriger hatten es die Schiedsrichter – binnen Bruchteilen mussten diese auf Schrittfehler entscheiden – bei der Geschwindigkeit, mit der Nadjfeji seine Täuschungen vollzog, nahezu unmöglich. Denn irgendwie bewegte sich immer der ganze Körper, nichts schien stillzustehen, keine Bewegung vorhersehbar – außer für Nadjfeji selbst, der immer genau wusste, was passiert – von sich selbst und vom Gegner.

Vom Hobby zum Ausweg!

Eigentlich hat Nadjfeji nur zum Spaß mit dem Basketball angefangen. „Als ich dann gemerkt habe, dass ich ganz gut bin und vielleicht auf einem höheren Niveau spielen könnte, habe ich versucht, professionell an die Sache zu gehen“, erinnert sich “Sasa”. Nadjfejis Heimatverein KK Radnicki Belgrade bot eine hervorragende Basketball-Schule. Vor allem dem damaligen Trainer Zarko Vucurovic hat Nadjfeji seine Entwicklung zu verdanken – er „vermittelte mir den besten Weg fürs Leben und den Basketball. Ihm habe ich meine meine Art zu spielen zu verdanken – er hat das auch so gemacht, ich habe es dann übernommen und erweitert“. “Sasas” Bruder Stevan spielt auch Basketball, bei einem der vielen Stadtrivalen, das Ziel ist das Gleiche: Profi werden.

Die Zeiten waren dennoch alles andere als einfach. Die Perspektiven im ehemaligen Jugoslawien waren begrenzt. Sozialistische Ära und das Ende der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre prägten das Land nachhaltig. „Ich habe an Weihnachten immer Wunschzettel geschrieben. Mein erster Wunsch war immer ein Gameboy. Der war allerdings so teuer, den habe ich nie bekommen“. Zudem kam die Region auch politisch nie zur Ruhe, militärische Konflikte erschütterten über nahezu ein Jahrzehnt das Gebiet Jugoslawiens. Nadjfeji war Teenager, die Konfliktherde waren weit weg von Belgrad, was die Zukunft bringen würde war dennoch ungewiss. Der Basketball bot einen Ausweg aus dieser Ungewissheit, der Preis dafür war hoch: „Der Sport ist in ärmeren Ländern meistens der einzige Weg, ein besseres Leben zu verwirklichen. Dafür gibt man alles. Wir hatten mindestens zweimal am Tag Training, dazwischen ging es in den Kraftraum. Oft musste ich mich zwischen Schule und Basketball entscheiden, das war hart“. Doch Nadjfei hatte die richtige Entscheidung getroffen – als 20-Jähriger lief der Forward 1996 zum ersten Mal für KK Radnicki Belgrade in der ersten Liga auf. Ein Jahr später streifte sich Nadjfeji bei der U22-Weltmeisterschaft in Australien dann das Trikot der Nationalmannschaft über. Der Weg zum Profi war endgültig geebnet.

Die große Chance

Doch die Ungewissheit über die eigene Zukunft blieb. Was, wenn es doch nicht mit dem Profigeschäft klappt, wenn die großen Vereine kein Interesse haben? Welche anderen Perspektiven außer dem Sport gibt es? Keine. Zumindest keine, die greifbar schienen. Der Kosovokrieg zwischen 1998 und 1999 verschärfte die innenpolitische Situation weiter, der Widerstand gegen das Regime des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic wuchs. Auch für andere, vor allem junge Menschen, schien eine sichere Zukunft in ihrer Heimat alles andere als selbstverständlich. Das änderte auch der friedliche Sturz Milosevic‘ am 5. Oktober 2000 zunächst nicht. „Die Situation war sehr schwierig, das Land hatte große Probleme, keiner wusste, wie sich die Situation entwickeln wird, ob es besser wird, oder wie die Jahre zuvor.“ Nadjfeji ging seinen Weg konsequent weiter, wurde immer besser und machte auf sich aufmerksam. Die Wahl ins Allstar-Team 1999 war die Belohnung, zwei Jahre später durfte sich Nadjfeji erneut beim Spektakel der Besten seines Landes präsentieren. Bruder Stevan trägt mittlerweile auch das Trikot von KK Radnicki – zum ersten Mal sind die Brüder auch im Trikot vereint.

Als 2001 dann das Angebot der Telekom Baskets Bonn kam, musste Nadjfeji nicht lange überlegen: „In diesem Moment war es für mich die Chance, auf die ich gewartet habe. Und da der Head Coach in Bonn Predrag Krunic war, war die Entscheidung für mich noch leichter. Ich musste keine Angst vor der Sprache haben und wusste bereits, wie er arbeitet.“ Die Entscheidung traf Nadjfeji dann aber mit seiner Ehefrau Marija zusammen. Die beiden lernten sich sieben Jahre zuvor kennen und lieben. Denn zu diesem Zeitpunkt sollten die Auswirkungen nicht mehr nur den Spieler „Sasa“ Nadjfeji betreffen. Sohn Milos ging bereits auf das Kindergartenalter zu, Nemanja war etwas über ein halbes Jahr alt. Ein Alleingang kam für Nadjfeji deshalb nicht in Frage, zumal auch Vereine aus der Heimat ernsthaftes Interesse zeigten. Doch „für uns war es damals die einzig richtige Entscheidung, auch wenn wir nicht wussten, was genau uns erwarten wird. Als junge Familie in einem fremden Land, dessen Sprache wir nicht sprechen, wir niemanden kennen – das war schwer vorstellbar. Aber auch meine Familie bekräftigte uns in der Entscheidung, meinem Traum zu folgen, und diese große Chance zu nutzen“.