“Elementar, unseren Fans und Partnern eine Identifikation mit unserem Klub zu schaffen” – Geschäftsstellenleiter Jascha Maus im Interview
Aktuell befindet sich die BARMER 2. Basketball Bundesliga in einer zweiwöchigen Pause aufgrund des Fensters für die Nationalmannschaften. Vier Nachholspiele werden in der Phase jedoch absolviert. Die Raubkatzen gehen mit einer Bilanz von 14 Siegen und acht Niederlagen in das letzte Drittel der Hauptrunde. Mit aktuell Rang vier hat die Mannschaft von Trainer Danny Jansson berechtigte Chancen, erstmals an Playoffs teilzunehmen. In der spielfreien Phase haben wir Zeit hinter die Kulissen zu blicken. Geschäftsstellenleiter Jascha Maus spricht über die aktuelle sportliche und finanzielle Situation, die Entwicklungen in den vergangenen sechs Monaten, das Engagement von Lothar und Markus Horn hinsichtlich der Stärkung des Nachwuchsbereichs und gibt zeitgleich einen Ausblick auf die kommenden Aufgaben.
Jascha Maus, sprechen wir zuerst über das Sportliche. Wie ist man von Vereinsseite aus mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden?
Mit der gegenwärtigen Entwicklung sind wir natürlich sehr zufrieden. Unser Fokus liegt auf der individuellen und ganzheitlichen Weiterentwicklung unserer Spieler. Wenn man sich die Entwicklungsschritte der einzelnen Akteure anschaut, so erkennt man bei einigen bereits immense Leistungssteigerungen innerhalb der vergangenen sechs Monate. Auch als Team haben wir eine großartige Atmosphäre und Kultur auf und abseits des Feldes. Dies hat uns im bisherigen Saisonverlauf bereits einige Siege in knappen Spielen beschert. Unter Anbetracht des besonders jungen Kaders und der fast zweiwöchigen Pause wegen Corona-Fällen sind auch die zuletzt drei sieglosen Spiele kein Beinbruch. Wichtig ist, dass wir in diesen Situationen nicht panisch werden, sondern sachlich analysieren, woran es in den einzelnen Spielen gelegen hat und uns weiter auf unsere Stärken konzentrieren. Wir streben nach dynamischem Basketball, der auf einer guten Defense und schnellem Offensivspiel aufgebaut ist. Hier erreichen wir immer nur phasenweise unser Leistungsmaximum. Dies war aber bereits vor der Saison klar, dass es solche Phasen immer wieder geben wird. Wir haben hier ein junges, entwicklungsfähiges Team und keinen Kader, der zu den unbedingten Top-Teams in der sehr ausgeglichenen Liga gehört. Wir bewegen uns in eine sehr positive Richtung. Auch wenn niemand gerne verliert, gehören Leistungsschwankungen zum Profisport dazu. Insbesondere mit unserem Fokus auf die Talent-Entwicklung nehmen wir solche Phasen in Kauf, arbeiten aber natürlich Tag für Tag an unserem Ziel, einen möglichst dynamischen, schnellen und am Ende auch erfolgreichen Basketball zu spielen.
Hinter den Tigers liegen zwei Jahre mit keinen oder nur geringen Zuschauereinnahmen. Wie gestaltet sich grundsätzlich die finanzielle Situation?
Die Planung gestaltet sich unter diesen sich stetig verändernden Parametern sehr schwierig. Jedoch können wir uns insbesondere bei unseren Zuschauern und unseren Partnern bedanken. Wenn immer es möglich ist, sind unsere Fans da und unterstützen uns zahlreich in der Paul Horn-Arena. Und auch unsere Partner rücken in dieser Zeit noch mehr zusammen und unterstützen uns bestmöglich, trotz der schwierigen Umstände. Entsprechend befinden wir uns in einer nicht einfachen, aber stabilen finanziellen Situation, mit der Hoffnung auf weiteren Wachstum und einer sich bald beruhigenden Pandemielage. Zudem haben wir auch berechtigte Hoffnungen auf die Erstattung zumindest eines Teils der Ausfälle durch die staatlichen Corona-Hilfen.
Keine oder nur wenige Zuschauer sind schlecht für ein Engagement von Sponsoren. Wie sieht es hinsichtlich der Partner-Akquise aus?
Unsere Partnerschaften sind nach unserer neuen Ausrichtung rein langfristig angelegt. Entsprechend sind die aktuellen Beschränkungen zwar durchaus ein Grund, welcher potenzielle Partner zum Zögern bewegen kann, nichtsdestotrotz führen wir viele und vor allem positive Gespräche für die Zukunft. Die neue Richtung, die wir in den Gesprächen aufzeigen und detailliert untermauern, kommt dabei sehr gut an. Unser Klub birgt mit der Historie und dem großen Potenzial, die der Basketball-Standort Tübingen mit sich bringt, gute Voraussetzungen. Zudem untermauern unsere aufgezeigten Maßnahmen unsere Position als sportliches Aushängeschild der Region, was uns sehr attraktiv für viele Unternehmen verschiedenster Branchen macht. Neben den Fans in der Halle bieten wir ein breit gefächertes B2B-Netzwerk, Möglichkeiten zur Endkundenansprache, Markenvergrößerung, Bildung der Employer-Brand sowie Möglichkeiten zu sozialem Engagement für unsere Stadt. Uns ist es in den vergangenen zwei Jahren gelungen, auch im digitalen Auftritt neue Möglichkeiten zu erschließen. Sei es unser stark verbessertes Livestream-Angebot oder neue Möglichkeiten in unserem Auftritt auf Social Media oder der Businessplattform LinkedIn.
Um einen gewaltigen Schritt nach vorne machen zu können, wird ein Namenssponsor benötigt. Gibt es hier Aktuelles?
Das Potenzial, dass diese Position als Speerspitze unseres Partnernetzwerks auch überregional mit sich bringt, ist immens. Es handelt sich um einen hohen Wert der deutschlandweiten Aufmerksamkeit und Vermarktungsmöglichkeiten beinhaltet. Eine solche Position kann man nicht leichtfertig vergeben. Hierfür suchen wir einen starken Partner, der sich komplett mit der Stadt, der Region, dem Verein und unserer Ausrichtung identifiziert. Klar ist aber auch, dass wir hierbei von einer Größenordnung sprechen, für die nicht jedes Unternehmen in Frage kommt. Es handelt sich dabei um ein langfristig angelegtes Engagement, welches wir perspektivisch für unsere Entwicklung auch eingeplant haben. Klar ist aber auch, dass wir uns bei weitem nicht auf die Suche nach einem Namenssponsor beschränken. Ganz im Gegenteil, das wichtigste ist in den kommenden Jahren sämtliche Partnerbereiche zu stärken und breiter aufzustellen. Vom kleinen, tief in der Stadt verankerten Unternehmen bis hin zu Global Playern unserer Region. Die Vielfalt der Region Neckar/Alb muss sich auch in unserem Netzwerk widerspiegeln.
Mit der Vorstellung der neuen Strategie wurde ein neuer Weg eingeschlagen. Wie sehen aktuell die Bestrebungen aus, mehr sportliche Kompetent in der Funktion eines Sportdirektors zu installieren?
Hier haben wir ein klares Profil entwickelt. Neben der Förderung der sportlichen Identität unseres Klubs ist die Position eines Sportdirektors insbesondere für die Weiterentwicklung und Professionalisierung der Strukturen unseres Nachwuchsbereichs verantwortlich. So wird diese Position eine Zweigstelle zwischen dem Nachwuchs- und Profibereich darstellen. Eine zentrale Aufgabe der Stelle ist auch, unsere Talente in den Profibereich zu integrieren. Im Rahmen der Strategievorstellung haben wir ebenfalls klar kommuniziert, dass die geplanten Maßnahmen dynamisch anzusehen sind. Sobald wir einen Kandidaten haben, der 100 Prozent unseren Vorstellungen entspricht, werden wir diese Position auch entsprechend besetzen. Natürlich führen wir hierzu bereits Gespräche.
Im Mittelpunkt der neuen Ausrichtung steht die Nachwuchsarbeit. Was möchte man in diesem Bereich verändern?
Ein großer und elementarer Schritt in der Weiterentwicklung unseres Jugendbereichs ist die Unterstützung von Lothar und Markus Horn. Es handelt sich dabei um eine nachhaltig angelegte Unterstützung, die es uns erlaubt, bereits jetzt Ziele aus Vision und Mission umzusetzen. Für die Unterstützung und das Vertrauen in unsere Vision möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Wir haben uns selbst einen Weg auferlegt, der nur über eine kontinuierliche Verbesserung des Umfelds vorangetrieben werden kann. Die Unterstützung eines lokalen Familienunternehmens zur Stärkung unseres Nachwuchsbereichs ist ein großer Schritt mit Symbolcharakter. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diesen Weg nur gemeinsam gehen können. Mit allen Fans, Unterstützern, Partnern, unserer Heimatstadt und der gesamten Region.
Wir werden Positionen schaffen, die es uns erlauben, unseren gesamten Unterbau noch besser zu koordinieren. Sei es das regelmäßige Feedback und Coaching unserer hochambitionierten Jugendtrainer, die Schaffung neuer Kapazitäten im Trainingsbereich oder die bessere Förderung unserer Talente. Der Weg von unseren Kleinsten in der U6 bis hoch in den Erwachsenenbereich soll klar strukturiert ablaufen. Dabei unterscheiden wir nicht nach jenen Kindern und Jugendlichen, die eines Tages das Potenzial mitbringen im Profibereich oder unserer Regionalliga aufzulaufen, und jenen die unseren Breitensportbereich beleben. Beides ist für uns gleichermaßen wichtig und stärkt unsere Tigers, den SV 03 Tübingen, die Young Tigers Tübingen und somit den gesamten Tübinger Basketball.
Damit ein Standort wachsen kann, ist vor allem auch eine gute Struktur notwendig. Auch hinsichtlich des Personals. Wie ist man aktuell aufgestellt?
Durch den verstärkten Fokus auf die Geschäftsstelle und das Personal unseres Klubs konnten wir im vergangenen Jahr bereits einen großen Schritt machen. Der Kreis der im Office am Tagesgeschäft beteiligten Personen ist von sechs auf neun Personen gewachsen. Unser Fokus liegt auch hier auf der Entwicklung von talentierten Werkstudenten und Praktikanten, die bereits jetzt große Verantwortung übernehmen. Dies möchten wir auch weiterhin fördern und so die Strukturen stärken und verbessern. Der verstärkte Fokus auf die personelle Aufstellung unseres Klubs ist eines der Kernthemen unserer Ausrichtung und so haben wir sowohl im sportlichen als auch im Business- und Organisationsbereich eine Vier-Jahres Personalplanung aufgestellt.
Was hat sich seit der Corona-Pandemie in den Gesprächen mit Partnern verändert?
Wir mussten auf die großartige Atmosphäre bei den Heimspielen verzichten, was natürlich ein überzeugendes Argument für potenzielle Partner auf unserer Seite ist. Hinzu kommt die Gewissheit in den vergangenen zwei Jahren, dass wir stets mit einer ungewissen Variable, den Zuschauern in der Halle, umgehen mussten. Wir alle gehen aber davon aus, dass diese Situation nicht unendlich so weitergehen wird. Und so konzentrieren wir uns in den Gesprächen neben den kurzfristigen, insbesondere auf mittel- und langfristige Maßnahmen. Sowohl was unsere sportlichen Ziele angeht, wie auch die Möglichkeiten, Partnerschaften mit Leben zu füllen. Insofern ist es uns durchaus auch in dieser schwierigen Zeit möglich, vielversprechende und positive Gespräche mit bestehenden und potenziellen Partnern zu führen.
Der Vertrag mit Trainer Danny Jansson wurde verlängert. Auch bisherige Spieler werden weiter das Trikot der Raubkatzen tragen. Wie sieht die weitere Personalpolitik aus?
Identifikation und Langfristigkeit sind die Stichworte unserer Personalpolitik. Eine Auseinandersetzung mit Stadt, Verein, Fans und Mitarbeitern ist für uns essenziell. Auf der anderen Seite ist es ebenso elementar, unseren Fans und Partnern diese Identifikation mit unserem Klub und unserem Personal zu bieten. Hierzu gehört, dass wir die passenden Spieler wählen, die zu unserem Weg passen und ihn auch über mehrere Jahre mitgehen. Dies muss sich in der Mannschaft, der Geschäftsstelle, dem Trainerstab und dem Jugendbereich widerspiegeln. Nur durch eine Beständigkeit auf wichtigen Kontaktpositionen nach innen und außen kann diese Identifikation gestärkt werden.
Es wurde immer wieder die Thematik eines Kraftraums angesprochen. Gibt es hier neue Entwicklungen?
Ein eigener Kraftraum ist ein elementarer Bestandteil unserer Strategie. Wir sind bereits auf der Suche und haben uns auch mit Immobilien auseinandergesetzt. Jedoch konnten wir bisher nichts Passendes finden. Im Idealfall sollte der Kraftraum nicht allzu weit entfernt von der Trainingshalle im Französischen Viertel sein, sprich im Stadtgebiet Tübingen liegen, um Training und Krafttraining verbinden zu können. Wir sind hierbei auch für jegliche Form von Hinweisen über mögliche Räumlichkeiten dankbar!
Die Tigers trainieren bekanntlich in der Ballspielhalle im Französischen Viertel. Um die Jugend weiter besser auszubilden, benötigt es mehr Trainingseinheiten. Wie ist man diesbezüglich abschließend gefragt aufgestellt?
Es ist kein Geheimnis, dass es in unserer Stadt ein Sporthallen-Problem gibt. Fehlende Hallenzeiten sind das Resultat. Nun haben wir in unserer Heimat im Französischen Viertel eine hervorragend ausgestattete Trainingshalle für den Basketballsport, an der wir auch finanziell mitbeteiligt sind. Selbstverständlich ist es uns daher ein großes Anliegen, unsere Hallenzeiten entsprechend auszubauen. Dies ist zentral, um unseren Weg der Nachwuchs- und Talententwicklung zu bestreiten. Aber auch über den Spitzensport hinaus ist es wichtig, um unsere Tigers-Kultur weiterzutragen. Wir möchten einen Ort der Begegnung schaffen – zwischen allen Altersgruppen. Sowohl für den Breitensport unseres Bereichs, bis hin zu den Profis. Wir befinden uns in entsprechenden Gesprächen mit der Stadt, die uns ebenfalls Bereitschaft signalisiert hat, uns in diesem Vorhaben zu unterstützen. Das langfristige Ziel ist eine eigene Trainingshalle. Nur mir genügend Hallenzeiten in optimalen Trainingsbedingungen werden wir unsere Ziele erreichen können.
von Tobias Fischer