Sommerinterview! Was macht eigentlich Jared Jordan? “Die Zeit in Tübingen war wunderbar”

15 Jun 2021

Jared Jordan spielt von 2015 bis 2018 für die Tübinger Basketballer. Insgesamt trug der mittlerweile 36-jährige US-Amerikaner 92 Mal das Trikot der Raubkatzen. Jordan, verheiratet, und zweifacher Vater hält bis heute den BBL-Assist-Rekord und gilt es einer der besten Pass-First-Point-Guards, der in Deutschland gespielt hat. Vor einem starken Jahr beendete Jordan seine aktive Karriere und hat sich inzwischen in den USA niedergelassen. Als Immobilienmakler startete er seine Karriere nach der Karriere. Im Sommerinterview spricht der 36-Jährige über seine Zeit als Profi-Basketballer, seine Zeit in Tübingen, die Familie und seiner neuen Tätigkeit. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen…

Jared, bevor wir mit einigen Fragen beginnen, wie geht es dir und deiner Familie in der aktuellen Corona-Zeit?

Ja, vielen Dank der Nachfrage. Uns geht es soweit gut. Die Situation bei uns in West Hartford, Connecticut/USA ist recht gut. Die Situation hat sich deutlich verbessert.

Ein Blick zurück. Du hast zweieinhalb Jahre in Tübingen gespielt. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

(lacht) Die Zeit in Tübingen war wunderbar, vor allem auch für meine Familie. Ich habe die Stadt geliebt, dazu hat der Verein alles für die Spieler getan und enorm viel investiert. Wir haben uns in Tübingen sehr wohl gefühlt. Bis heute verspüre ich große Dankbarkeit für diese Zeit am Ende meiner aktiven Karriere.

Hast du noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern aus der gemeinsamen Zeit?

Ja, mit einigen Spielern stehe ich immer wieder in Kontakt. Das ist aber eher von loser Natur. Am meisten spreche ich noch mit Aleksandar Nadjfeji. Das erinnert mich, dass ich mich bei ihm mal wieder melden muss!

Mittlerweile sind es drei Jahre her, dass du Tübingen verlassen hast. Verfolgst du noch die Geschehnisse rund um den Tübinger Basketball?

Ich verfolge alle meine ehemaligen Teams noch so gut es geht. Vor allem auf den Social Media-Kanälen halte ich mich stets auf dem Laufenden. Die Tigers hatten keine einfachen Jahre seit dem Abstieg aus der BBL in die ProA. Ich hoffe jedoch, dass es bald wieder mehr aufwärts geht.

Du hast den größten Teil deiner Karriere bei Teams in Deutschland verbracht. Was hast du an Deutschland und der BBL offensichtlich sehr geschätzt?

Ich habe mich bei all meinen Mannschaften in Deutschland sehr wohl und gut aufgehoben gefühlt. Das hat gleich bei meiner ersten Station in Bonn angefangen, in Bamberg und in Tübingen war es ähnlich. Alle Vereine wurden sehr professionell geführt, es gab keine Anpassungsschwierigkeiten. Das habe ich immer zu jeder Zeit geschätzt. Jeder Verein hat gute Autos und Wohnungen gestellt, dazu sind die Spieler immer pünktlich bezahlt werden – auch das Umfeld passte. Das ist nicht in jedem Land so zuverlässig. Dazu war der Wettbewerb in der BBL auch auf einem sehr hohen Niveau. Insgesamt war es eine tolle Zeit in Deutschland, die ich nicht missen möchte.

Was waren dein positivstes und was dein negativstes Erlebnis als Spieler in deine Karriere?

Das Erreichen der Playoffs in Bonn in jedem Jahr bleibt mir bis heute sehr positiv in Erinnerung. Das waren tolle Erlebnisse, in jeder Saison in der Endrunde um die Meisterschaft mitspielen zu können. Negativ bleibt mein drittes Jahr in Tübingen hängen, welches leider mit dem Abstieg in die zweite Liga verbunden war. Daran möchte ich mich nur sehr ungern erinnern. Es war eine sehr schwere Spielzeit, die ich in seinem ganzen Ausmaß bis heute nicht wirklich erklären kann.

Du hast mit sehr vielen Spielern zusammengespielt. Welches war aus deiner Sicht der beste Spieler und warum?

Das ist natürlich sehr schwer zu sagen, da es sehr viele gute Spieler in so vielen Jahren waren. Die talentiertesten Spieler waren vielleicht Kyle Weems und Jamel McLean. Tolle Spieler, die bis heute aktiv sind. Weems wurde jüngst mit Bologna Meister in Italien, McLean stand zuletzt in Ludwigsburg unter Vertrag. Natürlich darf ich auch Chris Ensminger nicht vergessen. Er hat mit fast 40 Jahren noch starke Leistungen in der BBL abgerufen, das verdient Respekt. Im Alter von 38 Jahren war er noch ein MVP-Kandidat.

Verfolgst du generell noch den Basketball in den verschiedenen Ligen in Europa?

Als ich noch ein Spieler war, habe ich mich immer und überall informiert. BBL, EuroCup, EuroLeague oder auch andere nationale Ligen. Das war immer sehr spannend, gleichzeitig war ich stets gut informiert. Durch die Zeitverschiebung von sechs Stunden von den USA zu Europa ist jedoch alles etwas schwieriger geworden. Dazu habe ich jetzt zwei Kinder und habe die Karriere nach der Karriere gestartet. Da bleibt leider nicht mehr viel Zeit übrig.

Bis heute hältst du den BBL-Assist-Rekord. Ist dieser schon in Gefahr?

(lacht) Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung. Am ehesten würde mir noch Per Günther einfallen, der ja immer noch für Ulm spielt. Wenn er noch einige Jahre dranhängen würde, könnte es vielleicht eng werden.

Nach dem Abstieg mit Tübingen bist du nach Sibiu in Rumänien gewechselt, wo du mit den ehemaligen Tübingern Isaiah Philmore und Barry Stewart auf Korbjagd gegangen bist. Danach ging es noch nach Gießen, damals war ein gewisser John Bryant ebenfalls im Kader. Wie hast du diese zwei Stationen gesehen?

Mit Bryant in einem Team gespielt zu haben, war überragend. Er ist für seine Größe so talentiert, das ist Wahnsinn. Er hat einen hohen Basketball-IQ und kann als Center auch gut werfen und passen. Das war beeindruckend! In der Saison 2019/2020 war er abermals ein dominierender Center in der easyCredit BBL. Dazu war er auch eine wichtige Größe für den Zusammenhalt im Team, er hat immer für gute Stimmung gesorgt. Auch außerhalb des Trainings und der Spiele habe ich mich sehr gut mit ihm verstanden – er ist einfach ein guter Typ. Dass ich mit Isaiah Philmore und Barry Stewart in Sibiu in einem Team gespielt habe, hat das ganze Jahr deutlich vereinfacht. Sie waren eine große Hilfe an einem neuen Standort und in einem neuen Land. Wir hatten ein gutes Jahr in Rumänien, daran erinnere ich mich auch gerne zurück.

Wie kam es eigentlich dazu, dass du nach Rumänien gewechselt bist?

Mein Agent hatte mir berichtet, dass es Interesse von Sibiu gibt. Das hat mich zunächst etwas verwundert, die ersten Gespräche mit dem Management waren aber gleich positiv. Es hat sich sofort in eine gute Richtung gedreht, ich hatte keine Bedenken, diesen Schritt zu vollziehen. Auch vor Ort wurde ich nicht enttäuscht, es war alles bestens organisiert. Mein Frau Mary Beth war zudem schwanger. Der Verein hat sich toll um uns gekümmert. Unsere Tochter wurde auch in Sibiu geboren. Auch diese Station bleibt in prägender Erinnerung.

Im letzten Sommer hast du deine Karriere beendet? Wie kam es dazu?

Naja, die Saison in Rumänien wurde ebenfalls im März 2020 abgebrochen. Mir war klar, dass die neue Saison “anders” werden würde. Dazu kam die Tatsache, dass ich mittlerweile zwei Kinder habe. Da muss man schon über alles gründlicher nachdenken. Auch mein Körper war nicht mehr derjenige wie ich noch vor zehn Jahren. Man kann schon sagen, dass die Situation rund um Corona schon ein triftiger Grund für das Ende meiner aktiven Karriere als Spieler war. Ich bereue im Nachhinein nichts, es war ein großartige Zeit mit vielen Erlebnissen und Erinnerungen.

Wie lautet dein Fazit, über zehn Jahre als Profi-Basketballer in Europa unterwegs gewesen zu sein?

Ich bin stolz, dass ich 13 Jahre mein Hobby zum Beruf gemacht haben kann. Nach meiner ersten Saison hätte ich nicht gedacht, dass ich das so lange würde durchziehen werden. Es ist aber passiert. Ich habe viele schöne Flecken der Erde gesehen, tolle Erfahrungen gemacht und viele Freunde fürs Leben gewonnen.

Wo lebt die Familie Jordan derzeit?

Wir haben uns in West Hartford, Connecticut/USA ein Haus gekauft. Ich bin als Kind selbst in der Nähe aufgewachsen, für junge Familie ist dies eine tolle Umgebung.

Du hast die Trainingsklamotten gegen den Anzug getauscht. Erzähl uns über deine neue Tätigkeit!

Ich arbeite als Immobilienmakler für Berkshire Hathaway. Der Markt ist aktuell verrückt und spannend, gleichzeitig macht mir diese Tätigkeit aber richtig Spaß.

Wie geht es der Familie?

Uns allen geht es sehr gut, vielen Dank der Nachfrage. Unser Sohn Parker ist mittlerweile viereinhalb Jahre alt, im November 2016 wurde er in Tübingen geboren. Er wächst kontinuierlich, macht gerne Sport und ist liebend gerne draußen. Mit ihm wird uns auf jeden Fall nicht langweilig. Die Familie hat sich im Januar 2020 mit der Geburt unserer Tochter Macy erweitert. Wir sind stolz auf unsere Kinder! Meiner Frau geht es ebenfalls gut. Sie ist froh, dass wir nach so vielen Jahren endlich sesshaft geworden sind.

Was ist jetzt der größte Unterschied zwischen dem Leben als Profisportler und als Immobilienmakler?

Nun ja, als Sportler gehst du zwei Mal am Tag ins Training, dazu kommen noch die Spiele. Das fehlt mir schon ein wenig, das muss ich zugeben. Insgesamt haben wir die Zeit in Deutschland und Europa sehr genossen. Wenn die Kinder größer sind, möchten wir für eine längere Zeit zurückkommen. Aktuell geht man einem anderen Tagesablauf nach. Nach sucht nach Objekt und macht Termine mit Käufern und Verkäufern. Eine ganze andere Welt zu dem, was ich zuvor 13 Jahre gemacht habe.

Was macht Jared Jordan in seiner Freizeit?

Ich versuche, mich immer noch fit zu halten und spiele aktuell viel Golf, wenn es die Zeit zulässt. Beim Golf ist man in der Natur, hat Bewegung und kann gut abschalten. Unser Sohn Parker probiert gerade sämtliche Sportarten aus und hält uns ständig auf Trab.

Wie sehen deine Pläne für den Sommer aus?

Im Moment ist nichts geplant. Die Situation um Corona macht es auch nicht einfacher. Zudem sind die Kinder noch recht klein, sodass Reisen auch sehr anstrengend sein kann. Wir verschieben einen größeren Urlaub auf das nächste Jahr.

Zum Abschluss: Wird man dich auch mal als Besucher in Tübinger sehen?

Davon gehe ich schwer aus! Wir haben in Tübingen viele Freunde gewonnen, auf ein Wiedersehen freuen wir uns hoffentlich zeitnah. Ich möchte auch Parker zeigen, wo er geboren wurde und die ersten Lebensjahre verbracht hat. Schön wäre es auch, ein Spiel der Tigers zu besuchen. An dieser Stelle möchte ich auch alle Fans, Partner und Unterstützer grüßen. Ich hoffe, es geht Euch allen gut. Bis bald, Euer Jared Jordan.

von Tobias Fischer