“Der Basketball-Standort Tübingen darf nicht sterben” – Robert Wintermantel im Interview
Inzwischen sind zwei Wochen seit dem vorzeitigen Saisonende aufgrund des Corona-Viruses vergangen. Die Angestellten aus Nordamerika sind bereits seit einigen Tagen aus Tübingen abgereist, der komplette Trainingsbetrieb bei den Tigers Tübingen sowie im Nachwuchs ist eingestellt. Auch die Geschäftsstelle ist für den Kundenverkehr geschlossen. Doch im Hintergrund sind viele offene Fragen zu klären, wie es insgesamt weiter geht. Wir haben uns mit dem Geschäftsführenden Vorstand der ProBasket Tübingen AG, Robert Wintermantel, über die aktuellen Fragen rund um die Tigers Tübingen unterhalten.
Robert, das Corona-Virus hat Auswirkungen auf die ganze Welt. Auch die Tigers Tübingen sind diesbezüglich natürlich betroffen. Welche Themenschwerpunkte werden im Moment abgearbeitet?
Wir stecken aktuell mitten im Lizenzierungsverfahren für die neue Saison 2020/2021. Dafür müssen natürlich viele Finanzpläne erstellt werden. In Zusammenarbeit mit unserem Partner, der RWT-Gruppe aus Reutlingen, sind wir hier in engem Kontakt. Jedoch gestaltet sich derzeit alles sehr komplex, da die Corona-Krise die gesamte Wirtschaft betrifft. Getroffene Vereinbarungen können in ein paar Tagen oder Wochen bereits nichts mehr wert sein. Deswegen wird die Lizenzierung in diesem Jahr sehr speziell. Bis zum 30. Juni 2020 müssen 60 Prozent der Verträge nachgewiesen werden, dies wird für nahezu alle Teams nicht real zu schaffen sein. Die Liga hat sich diesbezüglich aber kompromissbereit gezeigt, dass es Veränderungen geben wird.
Aktuell würden wir natürlich viele Sponsoren-Gespräche führen. Aufgrund des Kontaktverbots ist dies jetzt eingeschränkt, viele Termine wurden verschoben. Einige Gespräche haben aber bereits per Telefon stattgefunden. Wir sind trotz der komplexen Situation positiv gestimmt, dass es weiter leistungsorientierten Basketball in Tübingen geben wird. Dafür sind jedoch viele Anstrengungen von vielen Seiten nötig.
Für die neue Saison 2020/2021 gibt es noch keinen Trainer. Wie ist hier der zeitliche Plan?
Der neue Trainer ist natürlich die zentrale Person bei der Zusammenstellung der neuen Mannschaft. Diesbezüglich hoffen wir, dass wir zeitnah eine positive Nachricht vermelden können.
Mit Enosch Wolf, Besnik Bekteshi und Roland Nyama haben drei Spieler für die kommende Spielrunde Vertrag. Gibt es derzeit überhaupt Gespräche mit alten und potentiellen neuen Spielern?
Auch dies gestaltet sich schwierig. Entscheidend wird sein, welche Vorstellungen das neue Trainerteam haben wird. Es gibt sicherlich immer Gespräche zwischen Spielern und Agenten. Spruchreif ist aber noch nichts. Ich denke, dass sich der Spielermarkt auch nach der Krise enorm verändern wird.
Welche Gedanken gehen dir für die neue Saison durch den Kopf?
Auch hier haben wir nach wie vor viele Fragezeichen, die momentan keiner beantworten kann. Wann kann wieder Sport getrieben werden? Wann normalisiert sich die Situation? Wie viele Teams wird die BARMER 2. Basketball Bundesliga zukünftig haben? Kann die neue Spielzeit im Herbst bereits starten? Wir hoffen alle, dass sich die Situation insgesamt zeitnah verbessert. Nur so sind konkrete Planungen für die Zukunft überhaupt realistisch.
Aufgrund der unklaren Ligagröße haben wir noch keine Dauerkartenflyer erstellt. Dies ist in der Planwirtschaft auch ein Problem. Zudem werden wir uns mit der Preiskalkulation noch beschäftigen müssen. Auch hier hoffen wir, dass wir in zeitnaher Zukunft etwas vermelden können.
Die Saison 2019/2020 endete abrupt. Die Tigers hätten noch zwei Heimspiele gegen Jena und Karlsruhe gehabt. Erhalten die Dauerkartenbesitzer das Geld anteilig zurück?
Ich möchte betonen, dass wir sehr viele Mails erhalten haben, die auf eine finanzielle Erstattung verzichten möchten. Diese Bereitschaft hilft uns in der enorm brenzligen Lage natürlich sehr. Ich hoffe, dass es hier noch viele Nachahmer geben wird, die Solidarität mit den Tigers zeigen werden. Ansonsten werden wir zeitnah prüfen, welche Möglichkeiten es geben wird.
Wie siehst die Lage bei den Tigers insgesamt?
Als ich vor zwölf Jahren das Amt des Geschäftsführers bei den Tigers übernommen habe, war die Situation sehr prekär. Die jetzige Situation ist jedoch unvergleichbar und stellt viele Vereine und Unternehmen vor große Herausforderungen und Anstrengungen. Wir hatten bereits bei den letzten beiden Heimspielen gegen Chemnitz und Hagen aufgrund der Angst rund um den Corona-Virus finanzielle Einbußen. Dazu fehlen uns noch zwei Heimspiele. Das schmerzt einem Unternehmen, welches auch von Eintrittsgeldern lebt, entsprechend. Auch das Thema Kurzarbeit muss sorgfältig geprüft werden. Wir sind im Club jedoch alle positiv gestimmt und nehmen die Herausforderung an. Der Basketball-Standort Tübingen darf nicht sterben. Wir hoffen, dass wir mit allen Beteiligten, Partnern und Fans gemeinsam diese Krise meistern können.